Berlin, den 23.02.2015. Das am 17. Februar 2015 durch die Deutsche Krankenhausgesellschaft veröffentlichte „Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus“ kommt zu dem Schluss, dass die Notaufnahmen der Krankenhäuser vielerorts unterfinanziert und stark überlastet sind. Die Aussagen des Gutachtens bestätigen auch die Situation im Land Berlin. „Die Notaufnahmen der Berliner Krankenhäuser sind durch rein ambulante Notfälle überlastet und nicht annähernd adäquat finanziert“, so Uwe Slama, Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft.
Die sehr hohe Zahl der ambulant von den Krankenhäusern behandelten Notfälle sowie der weitere Rückzug der Vertragsärzte aus der ambulanten Notfallversorgung machen deutlich, dass im Wesentlichen die Berliner Kliniken die ambulante Notfallversorgung der Berliner Bevölkerung, insbesondere während der sprechstundenfreien Zeiten und an Feiertagen, wahrnehmen. Dafür fordern die Krankenhäuser eine adäquate Vergütung. Der durchschnittliche Erlös pro ambulantem Notfall liegt bei rund 28 bis 32 €, die Kosten dagegen bei über 120 €. Für die Krankenhäuser im Land Berlin ergeben sich nicht gedeckte Kosten von über 72 Mio. € pro Jahr.
Aussagen der KV Berlin, das angeblich 58% der ambulanten Patienten an Vertragsärzte verwiesen werden könnten, entspricht nicht dem Alltag in den Rettungsstellen und dem medizinischem Selbstverständnis der Berliner Krankenhäuser. Selbstverständlich werden Notfälle bei einer unzureichenden Sicherstellung im vertragsärztlichen Bereich durch die Kliniken versorgt und nicht abgewiesen. Etwas Anderes ist weder den in ihrer Not hilfesuchenden Patienten, noch dem Personal der Notfallambulanzen zumutbar.
In Berlin werden rund 800.000 ambulante Behandlungen (ohne stationäre Weiterbehandlungen) in den Notaufnahmen der Kliniken durchgeführt. Dem stehen nur ca. 160.000 ambulante Behandlungen durch den Ärztlichen Bereitschaftsdienst und in den 1. Hilfe-Stellen der KV Berlin gegenüber. Die KV hat in der Vergangenheit in Berlin eine Reihe bestehender ambulanter Notfallpraxen nach und nach aus ökonomischen Gründen geschlossen. Der Anteil der ambulanten Notfallbehandlungen in den Krankenhäusern liegt daher mit über 80% in Berlin deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Laut Gutachten müssen rund 40% aller Notfälle (in Berlin 30%) stationär versorgt und 40% können nach einer Abklärung mit den spezifischen Leistungen eines Krankenhauses wieder entlassen werden. Rund 20% der Patienten hätten auch ambulant in einer Arztpraxis behandelt werden können, die aber nachts und an Wochenenden nicht durchgehend und insbesondere nicht mit einem entsprechenden fachärztlichen Versorgungsangebot geöffnet sind.
Die Aussage der KV Berlin, 97% der stationären Aufnahmen erfolgen über die Notaufnahmen und ermächtigten Ärzten, um Betten zu füllen, ist schlichtweg falsch und absurd. Laut Gutachten kommen lediglich 40% der Patienten (in Berlin 30%) aus der Notaufnahme. Im Übrigen ist in kaum einem Bundesland die Auslastung der Kapazitäten so hoch wie in Berlin. Hier wird offenbar von eigenen Strukturproblemen abgelenkt, die Senatsgesundheitsverwaltung geht zumindest von einer erforderlichen Zunahme der stationären Kapazitäten aus.
„Die Krankenhäuser sind bereit, sich auch in der Zukunft der Verantwortung im Rahmen der Notfallversorgung der Berliner Bevölkerung zu stellen“, versichert Uwe Slama. Allerdings bedarf es angesichts der Überlastung der Notfalleinrichtungen durch rein ambulante Notfälle und einer nicht annähernd adäquaten Finanzierung dringend Lösungsansätze unter Einbindung des Vertragsärztebereiches, um für eine strukturelle und finanzielle Entlastung der Notaufnahmen zu sorgen. Hierzu werden von der BKG folgende Forderungen erhoben bzw. Lösungsansätze unterbereitet:
Die Sicherstellung einer adäquaten Finanzierung der mit der Behandlung von ambulanten Notfallpatienten verbundenen personellen und sachlichen Strukturen und somit die Anpassung der Erlöse an die Kosten ist zwingend erforderlich.
Um eine bessere Versorgung ambulanter Notfälle, insbesondere zu sprechstundenfreien Zeiten zu gewährleisten, sollten Notfallpraxen an Krankenhäusern angesiedelt und niedergelassene Ärzte die Notfallstellen der Kliniken unterstützen.
Die KV Berlin ist gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, die im Hinblick auf ihren Sicherstellungsauftrag eine bessere ambulante Notfallversorgung durch die Vertragsärzte bzw. den Ärztlichen Bereitschaftsdienst, insbesondere außerhalb der Sprechstundenzeiten, gewährleisten und die Kliniken entlasten (z.B. Verbesserungen beim fahrenden und fachärztlichen Bereitschaftsdienst, längere Praxisöffnungszeiten bzw. Öffnungszeiten der Praxen am Wochenende, feste und für die Bevölkerung transparente Urlaubs- und Vertretungsregelungen und eine verbesserte Abstimmung zwischen dem Rettungsdienst und dem Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV Berlin).
Darüber hinaus sollten seitens des Landes Berlin, der KV Berlin und der Krankenkassen Initiativen ergriffen werden, die angesichts der Wahrnehmung der Notaufnahmen durch die Berliner Bevölkerung als „selbstverständlicher“ Teil der ambulanten medizinischen Versorgung zu einer besseren Information beitragen. Hierzu können z.B. die Schaffung einer zentralen Informationsplattform für die Patienten oder aber Broschüren gehören, die über konkrete Hilfen bei Notfällen informieren.
Das Land Berlin ist zudem gefordert, sich, z.B. im Rahmen der anstehenden Krankenhausreform, für die Schaffung rechtlicher und finanzieller Grundlagen für eine adäquate Einbindung der Krankenhäuser in die zukünftige ambulante Notfallversorgung der wachsenden Berliner Bevölkerung einzusetzen.