Mal lieber vor der eigenen Praxistür kehren! Die BKG zu den Äußerungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin

 In einer realitätsfernen Einschätzung hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin verkündet, dass elf Rettungsstellen für Berlin völlig ausreichen würden. Zudem sah sich die KV dazu bemüßigt, eine bessere Patientensteuerung in den Notaufnahmen anzumahnen und forderte zukünftig Sanktionen für Rettungsstellen ohne Integriertes Notfallzentrum (INZ), die Patienten behandeln. Allerdings: Die Krankenhäuser stellen die Versorgung sicher, die die KV Berlin schon lange selbst nicht mehr schafft.

Marc Schreiner, Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft: „Liebe KV Berlin: warum sollte man das eigentliche Problem lösen, wenn man es einfach auf die Krankenhäuser schieben kann? Immer mehr Menschen suchen Rettungsstellen auf – oft für Probleme, die im ambulanten Bereich behandelt werden könnten. Dafür braucht es dringend ein breiteres und verlässliches Angebot der KV Berlin. Die Kassenärztliche Vereinigung hat die Aufgabe, eine ausreichende Versorgung durch niedergelassene Ärzte sicherzustellen und muss dringend nachbessern. Berlin braucht mehr Hausärzte, mehr Fachärzte, eine Erweiterung der Praxisöffnungszeiten und eine Stärkung des Angebots der ambulanten Akutversorgung. All das leistet die KV nicht. Der Blick in die Zukunft lässt erwarten, dass sich aufgrund von Renteneintritten und zu wenig Nachwuchs die Situation noch verschärfen wird. Sanktionen für Krankenhäuser, die zukünftig die Patienten akut versorgen, die ansonsten vor verschlossenen Praxistüren stehen, sind der völlig falsche Weg. Die KV Berlin muss endlich ihrem Sicherstellungsauftrag nachkommen und vor der eigenen Praxistüre kehren.“

Hintergrund:
Immer mehr Menschen suchen in Berlin Rettungsstellen auf – oft für Probleme, die im ambulanten Bereich behandelt werden könnten. Die 37 Rettungsstellen an Berliner Krankenhäusern versorgen jährlich rund 1,2 Mio. Patienten, davon rund 850.000 ambulant. Insbesondere während der sprechstundenfreien Zeiten und an Feiertagen stellen die Berliner Kliniken die ambulante Notfallversorgung sicher. Die Rettungsstellen sind hoch ausgelastet und chronisch unterfinanziert und trotzdem 24/7 für die Berliner da. Die hohe Inanspruchnahme der Rettungsstellen durch ambulante Patienten und die Notwendigkeit, die Aufnahme bei lebensbedrohlichen Krankheiten mit entsprechenden OP- und Intensivkapazitäten zu gewährleisten, erfordert also ein breites über das Stadtgebiet gefächerte Netz von Notfallkrankenhäusern. Aktuell sind in Berlin dagegen nur sechs Notdienstpraxen für Erwachsene an Kliniken eingerichtet, fünf für Kinder. Die Regierungskommission hat die Einrichtung von Integrierten Notfallzentren (INZ) an allen Krankenhäusern der erweiterten und umfassenden Notfallversorgung vorgeschlagen, das wären in Berlin rund 20 Standorte. Auch die Berliner Krankenhausgesellschaft schlägt ein bis zwei INZ je Bezirk vor. Das erfordert jedoch, dass die Kassenärztliche Vereinigung Berlin ihrem Sicherstellungsauftrag nachkommt.