BKG kritisiert: KHVVG-Beschluss des Bundestags lässt Krankenhäuser ohne Zukunftsperspektive

Zur Abstimmung des Bundestags über den heutigen Beschluss zum KHVVG – Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – äußert sich Marc Schreiner, Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft:

„Kurz und knapp: Der Bundesgesundheitsminister hat heute Vertrauen verspielt. Gemachte Zusagen hat er gebrochen und wurde dabei von Mitgliedern der Ampel-Koalition unterstützt. Im heute beschlossenen KHVVG fehlen die Umsetzung der gemachten Versprechungen zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser, die angekündigte Verbesserung der Vorhaltefinanzierung bleibt aus, die Kritik an überzogenen Qualitätskriterien zur Leistungsgruppenplanung wurde nicht berücksichtigt und schließlich gibt es auch keine nennenswerte Entbürokratisierung.

Nach der namentlichen Abstimmung für solch ein realitätsfernes Gesetz tragen die Bundestagsabgeordneten jetzt persönlich Verantwortung für die Konsequenzen für die Krankenhäuser in ihren Wahlkreisen. Nun sind die Bundesländer am Zug, um diese schwerwiegenden Fehlentscheidungen zu korrigieren und das Gesetz im Bundesrat Ende November in den Vermittlungsausschuss zu schicken.

Die Krankenhäuser wollen den Strukturwandel. Sie haben ein Gesetz gefordert, dass die Häuser wirtschaftlich sichert, unabhängig von Fallzahlen macht, zur Entbürokratisierung beiträgt und Planungssicherheit bietet. Diese auch vom Minister selbstgesetzten Ziele für die Krankenhausreform erfüllt das KHVVG nicht. Der Bundestag hat ein Gesetz beschlossen, dass als Konsequenz einen kalten Strukturwandel in Kauf nimmt wird und keine grundlegenden Verbesserungen für die Patientenversorgung von morgen bereithält. Auch die 50 beschlossenen Änderungsanträge bringen zwar teilweise kleinere Verbesserungen, machen dadurch die Krankenhäuser trotzdem nicht fit für die Zukunft. Allein die Union hatte in ihrem Entschließungsantrag Änderungen gefordert, die die Ziele der Reform – Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität, Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung für Patientinnen und Patienten sowie Entbürokratisierung – unterstützen. Vergeblich. Vor den folgenden Problemen haben in der namentlichen Abstimmung die Mitglieder der Ampel-Fraktionen im Deutschen Bundestag heute die Augen verschlossen:

  • 70% der Krankenhäuser bundesweit schrieben im vergangenen Jahr rote Zahlen. Auch hier in Berlin sahen wir zuletzt erste Opfer der Reformuntätigkeit des Bundes. Die dringend notwendige Brückenfinanzierung bis zum Eintreten der Krankenhausreform ignoriert das Gesetz. Konkrete Instrumente, um nicht refinanzierten Kostensteigerungen der Jahre 2022 und 2023 auszugleichen, enthält das Gesetz nicht. Dabei waren sie vom Bundesgesundheitsminister versprochen worden!
  • Die hälftigen Kosten der Reform von 25 Mrd. € werden mit dem Transformationsfonds den gesetzlichen Versicherten aufgebürdet und erhöhen die Beitragssätze der Krankenkassen, obwohl dies eine Aufgabe von Bund und Ländern wäre.
  • Die im Gesetz vorgesehene Vorhaltefinanzierung ist weiterhin eine Mogelpackung. Die Krankenhäuser bleiben abhängig von Fallzahlen, denn die Vorhaltepauschale basiert auf der zuvor erbrachten Fallzahl des jeweiligen Hauses. Wir haben eine tatsächliche Entökonomisierung gefordert. Nun sollen die Krankenhäuser mehr Bürokratie anstelle einer wirksamen Entkoppelung der Erlöse von der Leistungserbringung erhalten.
  • Die Kritik an überzogenen Qualitätskriterien zur Leistungsgruppenplanung wurde nicht berücksichtigt.
  • Auswirkungen der Reform auf die Praxis lassen sich bestenfalls erahnen. Die lange versprochene Auswirkungsanalyse bleibt eine Fata Morgana. Auch die finanziellen Auswirkungen der Reform bleiben nebulös. Der vom BMG versprochene „Grouper“, mit dem die Fälle den neuen Leistungsgruppen zugeordnet werden sollen und somit finanzielle Auswirkungen kalkuliert werden können, ist noch nicht startklar.

Ob die Reformuntätigkeit im Sturzflug Krankenhausinsolvenzen nach sich zieht oder die Berliner Krankenhauslandschaft im Blindflug nach dem Prinzip „Augen zu und durch“ verändert wird – im Sinne der Patienten und im Sinne der Beschäftigten der Krankenhäuser ist dieses Gesetz nicht. Nun liegt es an den Bundesländern, das Gesetz im Bundesrat Ende November in den Vermittlungsausschuss zu schicken.“