Auf einem guten Weg zu mehr Bedarfsgerechtigkeit und Qualität
Personal- und Strukturvorgaben müssen umsetzbar und finanzierbar sein
Berlin, den 24. November 2015. „Mit dem am heutigen Tage vom Senat beschlossenen Krankenhausplan 2016 befindet sich das Land Berlin auf einem guten Weg zu mehr Bedarfsgerechtigkeit und Qualität in der stationären Versorgung. Allerdings müssen Personal- und Strukturvorgaben umsetzbar und finanzierbar sein.“ so die Vorsitzende der BKG, Brit Ismer, und der Geschäftsführer Uwe Slama.
Der Krankenhausplan für den Zeitraum von 2016 bis 2020 nimmt wichtige von der Berliner Krankenhausgesellschaft eingebrachte Aspekte auf. Dies betrifft z.B. die grundsätzliche Ausgestaltung als Rahmenplan, die weitgehende Beibehaltung der bisherigen Planungskriterien, den Ausweis onkologischer Zentren und die Beschreibung und Weiterentwicklung einzelner rechtssicherer und umsetzbarer Qualitätsvorgaben. Der Krankenhausplan setzt einen für Berlin dringend notwendigen Bettenaufbau um und trägt damit insbesondere der demographischen Entwicklung Rechnung. Mit dem Aufbau von zusätzlichen Kapazitäten für die neurologische Frührehabilitation werden eine nahtlose Versorgungskette von der Akutbehandlung hin zur neurologischen Rehabilitation und ein wohnortnahes Versorgungsangebot für die Patienten sichergestellt.
Aktuelle Prognosen zu den Entwicklungen der wachsenden Stadt zeigen allerdings schon heute einen weiteren, über die bisherigen Annahmen hinausgehenden Anstieg der Bevölkerung im Planungszeitraum. Hinzu kommt, dass mit der aktuellen Zuwanderung die Zahl der Behandlungen in den Krankenhäusern weiter steigen wird. Der hieraus resultierende Versorgungsbedarf wird im neuen Krankenhausplan noch nicht abgebildet. Wie auch die BKG sieht die Senatsgesundheitsverwaltung die Notwendigkeit, den Bettenbedarf, insbesondere für die Bereiche Geriatrie und Psychiatrie bzw. Psychosomatik, noch während des Planungszeitraumes zu überprüfen.
Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung und die Sicherheitsstandards waren in den Krankenhäusern noch nie so ausgeprägt wie heute; dies gilt auch im internationalen Vergleich. Angesichts des in Berlin erreichten Niveaus der Qualitätssicherung im Krankenhaus muss die Qualität nicht erst mit Hilfe der Krankenhausplanung in die stationäre Versorgung implementiert werden. Soweit dies sinnvoll und zielführend ist und klar definierten Anforderungen entspricht, wird die Weiterentwicklung qualitätssichernder Maßnahmen sowie der Transparenz des Leistungsgeschehens in und außerhalb der Krankenhausplanung von den Krankenhäusern unabhängig hiervon unterstützt. Daher befürwortet die BKG eine Reihe der im Rahmen des Planungsprozesses gemeinsam erörterten Qualitätsanforderungen, wie beispielsweise Screeningmaßnahmen, die Teilnahme am Schlaganfallregister, einen Notfallkoordinator und die Weiterentwicklung der bestehenden Transparenzdarstellungen.
Eine qualitätsorientierte Krankenhausplanung birgt bei unzureichender Ausgestaltung jedoch auch erhebliche Risiken. Die BKG hatte schon frühzeitig darauf hingewiesen, dass verbindliche Qualitätsvorgaben im Rahmen der Krankenhausplanung vor ihrer Festlegung einer Prüfung der hiermit verbundenen Evidenz, ihrer Realisierbarkeit und insbesondere der Kosten unterzogen werden müssen. Einseitige landesbezogene, nicht finanzierte Personal- und Strukturvorgaben sind in Krankenhäusern nicht umsetzbar. Ein aktuelles DKI-Gutachten bestätigt, dass krankenhausplanerische Qualitätsvorgaben auf eindeutigen, nachvollziehbaren und rechtssicheren Regeln basieren und von einer neutralen Institution mit entsprechender Erfahrung in der Qualitätssicherung durchgeführt werden müssen. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz wird die Entwicklung rechtssicherer und bundeseinheitlich für alle Krankenhäuser verbindlicher Qualitätsvorgaben auch als Entscheidungskriterium der Krankenhausplanung auf den Weg gebracht. In Anbetracht des in Berlin ohnehin schon hohen Qualitätsniveaus hat die BKG daher vorgeschlagen, vorweggenommene Festlegungen oder die Entwicklung landesspezifischer Qualitätssicherungsverfahren zunächst zurückzustellen und die aktuellen Initiativen der Bundesebene zur Qualität in der Krankenhausplanung und ihrer Finanzierung abzuwarten.
Die Kosten der mit der dynamischen Bevölkerungsentwicklung und der hohen Umlandversorgung verbundenen Leistungszuwächse dürfen nicht einseitig auf die Krankenhäuser abgewälzt werden. Die mit dem Krankenhausstrukturgesetz vorgesehenen hohen Abschläge für Mehrleistungen sind für Berlin in Anbetracht des begründeten Kapazitätsaufbaus nicht sachgerecht; der mit dem Krankenhausplan vorgesehene und dringend notwendige Bettenaufbau wird insoweit nicht adäquat finanziert. Hierfür müsste ein Ausnahmetatbestand, wie bisher auch, im Gesetz verankert werden.
Die Erfüllung der personellen und strukturellen Qualitätsvorgaben und die Herausforderungen der mit der wachsenden Stadt und den demographischen Veränderungen verbundenen Entwicklungen erfordern zudem die Bereitstellung deutlich höherer Investitionsmittel durch das Land Berlin. Die bestehende unzureichende Investitionsfinanzierung begrenzt die Möglichkeiten, die Qualität im Krankenhausbereich durch Investitionen weiter zu verbessern. Der aktuell vorgesehene Haushaltsansatz im Doppelhaushalt 2016/2017 (jeweils rund 107 bzw. 109 Mio. Euro) stellt einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar, bleibt aber weit hinter den dringend benötigten rund 240 Mio. Euro pro Jahr zurück. „Aufgrund des erheblichen investiven Nachholbedarfs und des notwendigen Aufbaus der Versorgungsstrukturen für die wachsende Stadt ist eine klare, nachhaltige und zukunftsorientierte Investitionsstrategie des Landes, die den Investitionsbedarf der Krankenhäuser aufnimmt, gefordert. Entsprechend sind Nachbesserungen am Doppelhaushalt dringend notwendig“, hebt Uwe Slama hervor.
Als Fazit stellt die Vorsitzende der BKG, Brit Ismer, fest: „Der Krankenhausplan enthält für die Entwicklung der stationären Versorgung im Planungszeitraum sowohl wichtige und von den Krankenhäusern befürwortete Aspekte, als auch kritisch gesehene Vorgaben und Ausführungen zur stationären Versorgung, die von den Krankenhäusern nicht mitgetragen werden können. Die Stärkung der wohnortnahen geriatrischen und neurologischen sowie psychiatrisch/ psychosomatischen Versorgungsstrukturen, u.a. durch den vorgesehenen Bettenaufbau, und die gemeinsam vereinbarten Qualitätsaspekte werden von den Krankenhäusern positiv bewertet. Der Bettenbedarf ist hierbei aber zeitnah zu überprüfen und ggf. anzupassen. Die sich laufend ändernden medizinischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen erfordern eine konsequentere Rahmenplanung zur Schaffung bzw. Erhaltung von Entwicklungsmöglichkeiten. Planerisch verbindliche Versorgungskonzepte sowie Struktur- und Personalvorgaben ohne geprüfte Evidenz und gesicherte Kostenerstattung können nicht mitgetragen werden. Hier wäre es sinnvoll, zunächst die aktuellen Initiativen der Bundesebene zur Qualität in der Krankenhausplanung und ihrer Finanzierung abzuwarten, um sie zu gegebener Zeit in der Krankenhausplanung des Landes Berlin zu berücksichtigen. Auch wenn mit dem aktuellen Doppelhaushalt ein erster Schritt zur Verbesserung der Investitionsförderung erreicht werden konnte, sind Nachbesserungen am Doppelhaushalt dringend erforderlich.“