Berlin, den 24.06.2015. Die Gewerkschaft ver.di macht heute mit einem Aktionstag darauf aufmerksam, dass die Krankenhäuser eine bessere Personalausstattung und die dafür notwendigen finanziellen Mittel dringend benötigen. Die Berliner Krankenhausgesellschaft unterstützt den bundesweiten Aktionstag, da zu befürchten ist, dass sich die hohe Belastung des Personals mit dem aktuellen Krankenhaus-Reformgesetz nicht verbessern, sondern verschlechtern wird.
Die Krankenhäuser hatten die Hoffnung, dass die Politik die strukturellen Probleme der Krankenhäuser erkannt hat und mit der Krankenhausreform nachhaltige Lösungen für die unzureichende Personalkostenfinanzierung, die ambulante Notfallversorgung und die lnvestitionskostenfinanzierung entwickelt. Der vom Bundeskabinett am 10. Juni beschlossene Gesetzentwurf des Krankenhaus-Strukturgesetzes (KHSG) sieht stattdessen Kürzungen durch die Streichung des Versorgungszuschlages, neue Absenkungsfaktoren im Landesbasisfallwert und einen hohen fünfjährigen Abschlag auf alle zukünftigen Leistungen vor. Zudem wird die Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch überzogene Bürokratie und Kontrollen weiter verschärft, die das stetige Bemühen um Qualitätsverbesserungen konterkarieren.
Punktuelle Verbesserungen bei der Krankenhausfinanzierung bleiben ohne Durchschlag. Eine Verbesserung der Personalsituation ist – auch mit dem vorgesehenen Pflegeförderprogramm – nicht erkennbar. Das Pflegeförderprogramm schafft in Berlin maximal 250 Pflegestellen, durch Wegfall des Versorgungszuschlages werden gleichzeitig 500 Pflegestellen gefährdet. „Die Fördermittel für Neueinstellungen nutzen wenig, wenn der Personalbestand nicht gesichert finanziert werden kann“, so Brit Ismer, Vorsitzende der Berliner Krankenhausgesellschaft.
Die kritische Situation in den Krankenhäusern wird auch dadurch verschärft, dass das Land Berlin seinen gesetzlich vorgegebenen Investitionsverpflichtungen nicht nachkommt. Die derzeitige Investitionsförderung des Landes Berlin liegt mit 77 Mio. Euro pro Jahr weit unter dem Investitionsbedarf der Krankenhäuser, der nach aktuellen Berechnungen bei rund 240 Mio. Euro pro Jahr liegt. Dies hat zu einem erheblichen Investitionsstau geführt und den wirtschaftlichen Druck zulasten der Beschäftigten und der Versorgung deutlich erhöht. Umso unverständlicher ist, dass ein Konzept zur Ausstattung der Krankenhäuser mit Investitionsmitteln im Gesetzentwurf völlig fehlt. Übrig geblieben ist der „Strukturfonds“, der insbesondere dem Abbau von Überkapazitäten dienen soll.
Die Menschen erwarten eine qualitativ hochwertige und sichere Versorgung, gute Pflege und eine moderne Medizintechnik. Hierfür müssen entsprechende Rahmenbedingungen gesetzt werden. Diese Reform gefährdet aber die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser; sie brauchen mehr Personal, keine Kürzungen. Dazu wären die Absicherung der Finanzierung des Personalbedarfs und Rahmenbedingungen für eine zukunftsfeste Fachkräftesicherung erforderlich. Die Qualität der Patientenversorgung kann so nicht verbessert werden, sie wird perspektivisch dauerhaft gefährdet.
Der Gesetzentwurf lässt eine erschreckende Distanz zur tatsächlichen Problemlage in den Krankenhäusern und zu den Erfordernissen einer zukunftsgerichteten Gesundheitspolitik erkennen. Die Koalition wird ihrem eigenen Anspruch, die Patientenversorgung zu verbessern, nicht einmal annähernd gerecht. „Die Arbeitsbedingungen, insbesondere im Pflegedienst, müssen verbessert werden, um die Qualität der Patientenversorgung weiter zu gewährleisten und dem drohendem Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, erläutert Uwe Slama.
Tarifvertragliche Forderungen nach Personalschlüsseln ohne gesetzliche Refinanzierungsmöglichkeiten sind allerdings der falsche Weg, um die Personalsituation in Krankenhäusern zu verbessern. Dies kann nur durch nachhaltige Lösungen im Rahmen der aktuell anstehenden Krankenhausreform erreicht werden.